HARMAN TiTAN Lochkamera – Ein Leichtgewicht im Großformat
Ein halbes Jahr ist sie nun jung und sie hat unsere lochblendebegeisterten Fotografenherzen im Sturm erobert. Als HARMAN technology im vergangenen Herbst die gemeinsam mit Walker Cameras entwickelte HARMAN TiTAN Lochkamera für Planfilm des Formats 4×5″ ankündigte, war unsere Neugier schon geweckt.

HARMAN TiTAN Lochkamera
Ein Leichtgewicht für unterwegs
Jetzt liegen zwei Monate voller ausflugreicher Wochenenden hinter uns, denn für unterwegs ist die leichte und kompakte Kamera geradezu prädestiniert. Mit nicht einmal 250 g fällt sie im Fotorucksack kaum ins Gewicht – nur das zum Fotografieren notwendige Stativ sowie ein ausreichender Vorrat an Planfilmkassetten wiegen etwas schwerer.

Wildbach in den Alpen, Deutschland (2012) – HARMAN TiTAN Lochkamera
Die Kamera
Der Aufbau der Lochkamera ist denkbar einfach, genaugenommen besteht sie aus vier Teilen:
- Korpus mit zwei Stativgewinden, zwei Wasserwaagen, Zubehörhalterung, Filmkassetteneinschub und zwei Befestigungsclips
- Konus 72 mm (wird mit den Clips am Korpus fixiert)
- Lochblende f206 (wird durch Drehen in den Konus eingesetzt)
- Blendenabdeckung (durch Öffnen und Schließen wird belichtet)
Unter der hochwertig anmutenden Oberfläche, die mattschwarz und wunderbar griffig beschichtet ist, verbirgt sich das aus widerstandsfähigem ABS-Kunststoff im Spritzgussverfahren gefertigte Gehäuse. Alle Metallapplikationen bestehen aus rostfreiem Stahl, sodass die Kamera sogar für den Einsatz bei Wind und Wetter gewappnet ist. Im Inneren ist die Kamera im Übrigen nicht mattiert sondern glatt, vor ungewollten Reflexionen braucht man sich jedoch nicht zu fürchten. Mit dem Gesamtmaß von 16 cm x 14,5 cm x 9,3 cm findet sie bestimmt immer einen Platz im Gepäck.

Schmalensee in den Alpen, Deutschland (2012) – HARMAN TiTAN Lochkamera

Flussbett in den Alpen mit Gegenlicht, Deutschland (2012) – HARMAN TiTAN Lochkamera
Lieferumfang
Neben der HARMAN TiTAN Lochkamera enthält der mit ILFORD beschriftete Karton (denn HARMAN technology Ltd ist ein Nachfolgeunternehmen der ILFORD Imaging UK Ltd) auch jeweils 10 Blatt HARMAN DIRECT POSITIVE Papier, ILFORD MULTIGRADE IV RC Papier und ILFORD DELTA 100 Professional Film sowie einen Belichtungsrechner für Lochkameras. Die Bedienungsanleitung zum „ILFORD Lochkamera Fotografie-Kit“ liegt in vier Sprachen bei. Allen „Unboxing Videos“ auf YouTube kommt HARMAN übrigens mit einem eigenen, ausführlichen Video (auf Englisch) zuvor.

Baum im Gegenlicht, Deutschland (2012) – HARMAN TiTAN Lochkamera
Im Einsatz
Die Bedienung der Lochkamera gelingt mühelos. Die Schnellwechselplatte des Stativs lässt sich stabil in eines der beiden Stativgewinde einschrauben. Für häufiges Abwechseln zwischen Hoch- und Querformaten empfiehlt es sich, eine zweite Wechselplatte zu besitzen, wenn man die Wechselplatte nicht ständig ab- und anschrauben sowie aus Stabilitätsgründen den Stativkopf nicht um 90° neigen möchte. Ist die Kamera auf das Stativ montiert und die Planfilmkassette eingeschoben, steht der Belichtung nichts mehr im Wege.
Zur Ermittlung der Belichtungszeit dient der beiliegende Belichtungsrechner (entweder mithilfe eines Belichtungsmessers oder durch Beurteilung der Lichtsituation). Zusätzlich muss selbstverständlich auch das Schwarzschildverhalten des verwendeten Films bzw. Papiers berücksichtigt werden. Wir haben aus diesem Grund auf die Schwarzschildtabellen (PDF) zurückgegriffen, die bereits seit dem Artikel zum Schwarzschildeffekt online stehen und jetzt wieder frisch aktualisiert und um einige Filme erweitert sind.

Altes Rathaus in der Bamberger Altstadt, Deutschland (2012) – HARMAN TiTAN Lochkamera

Schifffahrt in Bamberg, Deutschland (2012) – HARMAN TiTAN Lochkamera
Da die Blendenabdeckung sehr fest auf der Lochblende sitzt (was gut ist, damit sie sich nicht versehentlich löst), fanden wir es hilfreich, diese Kappe schon ein wenig zu lösen (nur soweit, dass sie noch lichtdicht schließt), bevor der Schieber der Planfilmkassette gezogen und die Abdeckung endgültig zur Belichtung geöffnet wird. Damit verhindert man, beim Öffnen zu stark an Kamera und Stativ zu wackeln. Außerdem sollte die Abdeckung nicht durch Drehen abgezogen werden, da ansonsten leicht auch die Lochblende mit herausgedreht wird. Während der Belichtung kann der Deckel an der Schnur baumeln, nur bei starkem Wind sollte man darauf achten, dass er nicht ins Bild geweht wird. Schließlich verfügt der 72mm-Konus mit äquivalent 20 mm bei Kleinbild über einen schönen Weitwinkel. Bei der Motivwahl von (nicht zu unterschätzendem) Vorteil ist, wenn man einen entsprechenden Sucher zur Hand hat, der sich dann gut auf dem Zubehörschuh platzieren lässt.

Frühlingsfest München, Deutschland (2012) – HARMAN TiTAN Lochkamera
Über Stock und Stein
Soviel zur Technik, was fotografiert man nun mit einer HARMAN TiTAN Lochkamera? Wir haben sie auf Wanderungen in die Alpen mitgenommen bis hoch auf 1600 m, ihr den Rheinfall gezeigt, die Bamberger Altstadt, das Münchener Frühlingsfest und den Chinesischen Turm im Englischen Garten besucht. Während all dieser Ausflüge hat sie uns geflüstert, dass sie Motive mit Bewegung mag (rauschende Wasserfälle, drehende Karusselle) und manchmal auch die Sonne im Gesicht (aber nicht zu lange, sonst wird es dem Filmmaterial zu heiß). Dabei stand sie stets sicher auf einem reisetauglichen, kompakten Stativ. Wir haben sie unterwegs fleißig mit Schwarz-Weiß-Negativfilm, mit Farbnegativfilm und -diafilm gefüttert und sie hat uns damit belohnt, dass sie allen Fotografien ihre Charakteristik verliehen hat.

Rheinfall in Neuhausen, Schweiz (2012) – HARMAN TiTAN Lochkamera
Auch an zugigen Standorten hat sie – im Gegensatz zu uns – nicht im kühlen Wind gezittert (vielleicht liegt es an der aerodynamischen Form?), sodass alle Belichtungen unverwackelt sind.
Für eine Camera Obscura legt sie eine sehr ordentliche Schärfe an den Tag (noch schärfere Aufnahmen dürften mit einer Lochblende im Format 4×5″ kaum möglich sein), zugleich erstreckt sich von den Bildrändern her eine sanfte Vignettierung. Erstaunlicherweise ist nur eine geringe Strahlenbildung beim Fotografieren in die direkte Sonne sichtbar, was uns vermuten lässt, dass Walker Cameras etwas davon versteht, sehr saubere und gleichmäßige Lochblenden herzustellen.
Mehr Abwechslung
Neben dem aktuell verfügbaren 72-mm-Konus sollen weitere Konusse mit 110 und 150 mm auf den Markt kommen. Im März wurde erstmals der Prototyp einer großen Schwester im Format 8×10″ auf der Messe „Focus on Imaging 2012“ gezeigt. Wir dürfen also gespannt sein, die wachsende HARMAN-TiTAN-Familie kennenzulernen.
Das Kit mit 72-mm-Konus kostet derzeit übrigens knapp 240 Euro und muss sich damit auch hinter der Konkurrenz aus Holz nicht verstecken, zumal die HARMAN TiTAN eine echte Britin ist und gleich einige Blatt Film und Papier mitbringt.

Sylvensteinspeicher, Deutschland (2012) – HARMAN TiTAN Lochkamera

Chinesischer Turm im Englischen Garten, München, Deutschland (2012) – HARMAN TiTAN Lochkamera
Vielen Dank
Die Kamera wurde uns freundlicherweise von LE BON IMAGE (der Generalvertretung von HARMAN technology für Deutschland und Österreich) zur Verfügung gestellt. Wir sagen Danke und bedauern, dass unsere gemeinsame Zeit mit der HARMAN TiTAN (vorerst) ein Ende findet.

Mole im Bodensee, Konstanz, Deutschland (2012) – HARMAN TiTAN Lochkamera