Wie gut sind Objektive abgedichtet? Ein unfreiwilliger Test
Es gibt Kompaktkameras mit denen man tauchen gehen kann. Und da sie gegen Wasser abgedichtet sind, kann man sie natürlich auch am Strand in den Sand legen, weil dieser ebenso wenig in das Gehäuse einzudringen vermag. Nun gibt es digitale Spiegelreflexkameras und Objektive für den professionellen Gebrauch, die zumindest als staubdicht gelten. Nikon beschreibt dies in offiziellen Prospekten folgendermaßen:
Erfüllt die Standards von Nikon für professionelle
digitale Spiegelreflexkameras zum wirkungsvollen
Schutz gegen Staub und Feuchtigkeit.
Man könnte also davon ausgehen, dass eine derartig beworbene Ausrüstung einiges aushält. Im Sommer 2009 machte ich in Dänemark Urlaub und hatte meine Nikon D700 nebst einiger Profiobjektive dabei. Es war stets windig und natürlich fotografierte ich auch viel an Stränden. Dort lag meistens Sand in der Luft, den ich nicht in die Kamera bekommen wollte, weshalb ich weitgehend auf Objektivwechsel verzichtete. Die salzige Gischt war deutlich ärgerlicher, da sie alle Ausrüstung mit einem klebrigen Film überzog. Zu diesem Zweck hatte ich einen Schutzfilter auf allen Objektiven, sodass ich sie mit einem feuchten Tuch problemlos reinigen konnte. Sowohl Kamera als auch Objektive überstanden den Einsatz auf diese Weise schadlos. Bis zum Besuch der Rubjerg Knude.
Die Testumgebung
Die Rubjerg Knude ist eine der größten Wanderdünen Europas. Optisch besonders auffällig sind an ihr die Lage oberhalb der Steilküste sowie der teilweise verschüttete Leuchtturm. Ich besichtigte diese Sehenswürdigkeit an einem stürmischen Tag und wollte natürlich hinauf auf die Düne. Auf einen sandigen Ausflug eingestellt, zog ich mir eine kurze Hose, Flip-Flops und eine dichte Windjacke mit Kapuze an. Letztere schnürte ich so eng wie möglich an den Kopf, um den Sand fernzuhalten. Bereits während des Aufstiegs fiel es nicht leicht die Augen offen zu halten, da ein ständiger Hagel aus Sandkörnern auf mich niederprasselte. Bei strahlendem Sonnenschein sah dieser Ort jedoch derart fantastisch aus, dass ich in einem fort fotografierte und mich nicht von widrigen Bedingungen abhalten ließ. Gedanken über den Sand machte ich mir kaum, schließlich waren meine Nikon D700 und das 24-70/2,8 abgedichtet. Nach einer Viertelstunde auf dem Kamm der Düne merkte ich leichte Schmerzen an den Beinen, da der stete Wind den Effekt eines Sandstrahlers entwickelte. Unter meine Kapuze gelangte mehr Sand als gedacht und zwischen den Zähnen knirschte es unangenehm. Als einige Minuten später beim Drehen des Zoomrings ein Schleifen zu spüren war, wurde mir etwas mulmig. Ich fotografierte noch einige Zeit weiter und verließ den Berg erst, als der Sandsturm nicht mehr auszuhalten war.
Das Ergebnis
In geschützter Umgebung sah ich mir meine Ausrüstung genauer an. An der Kamera hatte sich Sand in den Ritzen neben Knöpfen eingenistet. Mit etwas Schütteln und viel Pusten konnte ich einen Großteil des Sandes beseitigen. Das Objektiv hatte es jedoch schlimmer getroffen: Hier saßen Sandkörner zwischen den Tuben, sodass bei jedem Zoomen ein Widerstand zu spüren war und der herausfahrende Tubus stärker verkratzte. Also packte ich das Objektiv für den Rest des Urlaubs in den Rucksack, um es nach meiner Rückkehr beim Nikon Service Point säubern zu lassen. Zur Reinigung musste es vollständig zerlegt werden. Mein blindes Vertrauen in die Ausrüstung kam mich mit 196,35 € teuer zu stehen.
Der Sinn einer Abdichtung
Nachdem ich auf schmerzliche Weise erfahren musste für welche Zwecke ein Objektiv definitiv nicht ausreichend abgedichtet ist, stellte sich mir die Frage nach dem eigentlichen Nutzen.
Häufiger als Sandstürmen ist der durchschnittliche Fotograf unbeschleunigtem Hausstaub und Regen ausgesetzt. Und hier setzt der Gedanke der Abdichtung eher an. Wenn Nikon also bei seinen Profiobjektiven von einem „wirkungsvollen Schutz gegen Staub und Feuchtigkeit“ spricht, so handelt es sich wohl genau darum. Im Regen habe ich bereits oft ohne weiteren Schutz mit dem Nikon 17-55/2,8, 14-24/2,8 und 24-70/2,8 fotografiert, Feuchtigkeit gelangte dabei nicht ins Objektiv. Auch Staub konnte ich im Inneren dieser Optiken bislang keinen entdecken. Doch feiner, vom Wind gepeitschter Sand hat da eine andere Qualität, gegen den normale Kameratechnik nur schwer zu isolieren ist. Es sei denn, man verwendet ein Unterwassergehäuse.
Hallo Andreas,
vielen Dank für den interessanten Erfahrungsbericht.
Wir waren im Juni drei mal auf dem Parkplatz, sind aber jedesmal wieder eingestiegen, weil wir „gesandstrahlt“ wurden.
Es war im nachhinein also die richtige Entscheidung die Nikon und die GF1 nicht zu ruinieren…;-)
Na ja, beim nächsten mal.
Gruß, Joachim
Ich frage mich auch wirklich, wie viele Kameras dort jeden Tag Schaden nehmen. Es haben damals mehrere Dutzend Besucher mit Kompaktkameras fotografiert. Und dass diese den Sand besser verkraftet haben als meine Ausrüstung, das wage ich zu bezweifeln.
Wahrscheinlich wurde diese Düne vom Verband der Kamerahersteller aufgeschüttet. 🙂
Nein, im Ernst, ich frage mich, was in Zeiten von elektronischen Produkten so schwer daran ist, diese zu isolieren, gegen alles, also Sand, Wasser, Staub. Zumindest so weit, dass allenfalls die Bedienelemente abgenommen und gereinigt werden müssen. Der Rest kann doch über elektronische Kontakte gesteuert in einem abgedichteten Gehäuse sein. Sowohl Linsen als auch alle anderen Teile.
Vermutlich ist der Anteil der Nutzer, welcher seine Ausrüstung derartigen Einflüssen aussetzt so gering, dass der finanzielle Aufwand für eine komplette Abdichtung sich nicht lohnt.
Ein Verkaufsstand für Kameras war neben der Düne weit und breit nicht zu sehen. Daher lehne ich die Theorie bezüglich des Verbands der Kamerahersteller eindeutig ab.
Naja, die Bedingungen sind wie man anhand der Bilder sieht auch extrem gewesen.
Salzwassergischt alleine ist bereits ein Riesenproblem.
Der beste Schutz soll wohl ein Filter vorne Objektiv sein und z.B. der abgeschnittene Ärmel eines alten Sweaters.
Hallo Andreas,
vielen Dank für diesen wertvollen Erfahrungsbericht. Also werde ich meine Ausrüstung von solchen Strandabschnitten besser fernhalten.
@ Bernd: abgeschnittener Ärmel klingt gut. Selbst wenn die Enden mit Kabelbindern festgezurrt würden: die Filterfunktion greift bei solchen Sandstürmen sicherlich nur, wenn der Ärmel vor dem Überstülpen in Öl getränkt wird (siehe Luftfilter-Wechsel der meisten Benzinrasenmäher), womit wir schon beim nächsten Problem wären 🙂
Viele Grüße
Remo