Nikon enthüllt Systemkameras V1 und J1
Es ist noch gar nicht so lange her, da wünschte ich mir von Nikon nichts sehnlicher, als die Veröffentlichung einer kompakten Systemkamera mit Wechselobjektiven. Als Ergänzung zur schweren Spiegelreflexkamera, um immer eine gute Kamera dabei haben zu können. Im Frühjahr 2010 griff ich schließlich zur Panasonic Lumix GF1, da seitens Nikon noch keine Alternative in Aussicht war.
Heute ist es nun so weit, Nikon enthüllt seine neuen Kameras der Serie „Nikon 1“, welche ab Ende Oktober erhältlich sein werden.
Das System „Nikon 1“
Zum ersten Mal seit 1959 wird ein grundlegend neues Bajonett von Nikon eingeführt. Das verwundert kaum, denn statt den bisher üblichen „FX“- und „DX“- kommen in den neuen Kameras „CX“-Sensoren zum Einsatz. Dieses Sensorformat ist ein gutes Stück kleiner als DX, allerdings noch deutlich größer als es bei Kompaktkameras üblich ist. Das neue Nikon-1-Bajonett ist entsprechend auf die geringen Sensormaße (13,2 mm x 8,8 mm) abgestimmt, dessen neuem Format die Kameras V1 und J1 sowie sämtliches Zubehör ihre geringen Maße verdanken. Angesichts der geringen Sensoroberfläche könnte man ein hohes Bildrauschen befürchten. Dem begegnet Nikon mit einer erstaunlich vernünftigen (also geringen) Auflösung von 10,1 Mio. Pixeln, welche eine anständige Bildqualität erhoffen lässt.
Durch den kleineren Sensor ergibt sich ein Verlängerungsfaktor von 2,7 bezüglich der Brennweite. 10 mm an einer Nikon 1 entsprechen somit 27 mm an einer Kleinbild- oder Vollformatkamera. Von Anfang an werden vier Objektive verfügbar sein.
1 NIKKOR 10 mm 1:2,8 (199 €)
1 NIKKOR VR 10–30 mm 1:3,5–5,6 (249 €)
1 NIKKOR VR 30–110 mm 1:3,8–5,6 (249 €)
1 NIKKOR VR 10–100 mm 1:4,5–5,6 PD-ZOOM (759 €)
Während das 1 NIKKOR 10 mm 1:2,8 eine sehr kompakte und leichte (77 g) Festbrennweite darstellt, präsentiert sich das 1 NIKKOR VR 10-30 mm 1:3,5-5,6 als Standardzoom mit eingebautem Bildstabilisator. Die passende Ergänzung für den Telebereich liefert das 1 NIKKOR VR 30-110 mm 1:3,8–5,6. Eine Besonderheit stellt das 1 NIKKOR VR 10–100 mm 1:4,5–5,6 PD-ZOOM dar. „PD“ steht für Power-Drive und bezeichnet eine mit dem „PowerZoom“ von Panasonic vergleichbare Technik. Die Brennweitenveränderung wird hierbei von einem Motor vorgenommen, sodass weiche, in der Geschwindigkeit regulierbare Zooms möglich sind. Über diesem Ausstattungsmerkmal dürften sich vor allem Videofilmer freuen.
Ab Dezember können mit dem Adapter FT1 (für 269 €) sämtliche NIKKOR-Objektive angeschlossen werden, wobei sogar der Autofokus von AF-S- und AF-I-Objektiven unterstützt wird.
Die zwei Kameras des neuen Systems nennen sich „V1“ und „J1“. Beiden gemeinsam ist der laut Nikon weltweit schnellste Autofokus (mit 135 Autofokusmessfeldern) sowie die höchste Serienbildgeschwindigkeit (mit 60 Bildern pro Sekunde) in voller Auflösung. Videos werden in Full HD (1920 x 1080 mit 60i oder 30p) aufgezeichnet, der sogenannte „Schnappschuss“-Modus soll Filmen mit 60p und 24p erlauben. Des Weiteren wird es möglich sein, während des Filmens in voller Auflösung zu Fotografieren. Diese Fähigkeiten erhalten die Kameras dank eines neuen EXPEED-3-Bildprozessors (der 600 Megapixel pro Sekunde zu verarbeiten vermag) und des CMOS-Bildsensors mit 10,1 Megapixeln Auflösung.
Eine neue (vormals nur von Kompaktkameras bekannte Funktion) ist der sogenannte „Smart Photo Selector“. Dadurch wird bereits vor dem vollen Durchdrücken des Auslösers mit der Aufzeichnung einer Bildserie begonnen, sodass insgesamt 20 Fotos geschossen werden. Die Kamera selektiert automatisch nach Faktoren wie Schärfe und Lächeln die fünf besten Aufnahmen und speichert diese ab. Auf dem Display erscheint das (vermeintlich) beste Bild.
Der Nikon V1 vorbehalten bleibt weiteres Systemzubehör wie der Aufsteckblitz SB-N5 (149 €) sowie der GPS-Empfänger GP-N100 (ebenfalls 149 €). Die weiteren Unterschiede beider Kameras werden im Folgenden erklärt.
Nikon 1 V1
Die Nikon V1 richtet sich klar an anspruchsvolle Nutzer. Sie wird in den Farben Schwarz und Weiß erhältlich sein und verfügt neben einem hochauflösenden 3-Zoll-Display auch über einen eingebauten elektronischen Sucher mit 1,44 Mio. Bildpunkten und einer 100%-igen Bildfeldabdeckung. Durch ihre „Nikon 1 Zubehörplatte“ ist sie mit speziellem Zubehör erweiterbar, wie dem Blitz SB-N5. Doch auch das bereits erhältliche Stereomikrofon ME-1 kann angeschlossen werden.
Das Gehäuse (ca. 76 mm × 113 mm × 43,5 mm) ist an Oberseite und Front mit einer Magnesiumlegierung verstärkt und dürfte so ein wertiges Gefühl vermitteln. Mit eingesetztem Akku und SD-Speicherkarte wiegt die Kamera 294 g. Es bleibt dem Fotografen überlassen, ob er in der Programm-, Zeit-, Blendenautomatik oder im manuellen Modus arbeiten möchte. Ganz so, wie man es von einer ernsthaften Spiegelreflexkamera gewöhnt ist. Auch der Preis erinnert stark an eine Spiegelreflexkamera, je nach mitgelieferten Objektiven kostet die Kamera im Set zwischen 869 und 1029 €.
Nikon 1 J1
Im Gegensatz zur betont seriös auftretenden V1 versucht die J1 mit vielen Farben zu gefallen. So wird sie in Schwarz, Weiß, Silber, Rot und Pink erhältlich sein. Auch in Punkto Ausstattung möchte sie es einem breiten Publikum recht und diesem den Einstieg einfach machen, weshalb die Kamera auf eine vollautomatische Verwendung ausgelegt ist. Das 3-Zoll-Display löst nur halb so hoch auf wie das der V1 und auf einen Sucher wurde verzichtet. Dafür ist ein Blitz eingebaut und das Kunststoffgehäuse (ca. 61 mm x 106 mm x 29,8 mm) wiegt mit nur 277 g in betriebsbereitem Zustand etwas weniger. Da kein Zubehörschuh vorhanden ist, muss auf den Anschluss weiterer Accessoires verzichtet werden. Die J1 wird je nach Set zu Preisen zwischen 599 € und 809 € zu haben sein.
Einschätzung
Nikon bringt mit dem „Nikon 1“ ein durchaus interessantes Kamerasystem auf den Markt. Gerade mit dem 2,8/10mm-Objektiv werden beide Kameras wohl absolut jackentaschentauglich sein und können damit eine Ergänzung (oder für manchen gar einen Ersatz) zur Spiegelreflexkamera darstellen. Die hohe Serienbildgeschwindigkeit, Full-HD-Videos und ein schneller Autofokus klingen ebenfalls sehr verlockend. Wie gut die Bildqualität angesichts des eher kleinen Sensors ausfällt bleibt allerdings abzuwarten. Und dann wäre da noch der Preis. Der fällt nämlich deutlich höher aus als bei einer anspruchsvollen Kompaktkamera, auch bekommt man bereits eine DSLR wie die Nikon D3100 oder D5100 dafür.
In jedem Fall sollten die neuen Kameras eine nähere Betrachtung wert sein. Sobald ich sie in die Hände bekomme, werde ich von meinen Erfahrungen hier berichten. Ich bin schon sehr gespannt, ob meine Panasonic GF1 bald durch eine Nikon 1 ersetzt wird.
Nachtrag (21.10.2011)
Inzwischen wird die Nikon V1 an den Fachhandel ausgeliefert. Die J1 scheint bis zum 10. November exklusiv über einen der größten deutschen Elektronikhändler verkauft zu werden. Beide Kameras können online bereits bestellt werden:
Nikon V1 (Amazon), Nikon V1 (eBay)
Nikon J1 (Amazon)
Nachtrag (28.11.2011)
Der Test zur Nikon 1 V1 findet sich nun ebenfalls auf Überlicht.
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