Nikon AF-S NIKKOR 24-85 mm 1:3,5-4,5G ED VR im Test
Die Suche nach einem vielseitigen Zoom-Objektiv für Vollformatkameras (FX) von Nikon gestaltet sich nicht immer einfach. Sollte es ein neues Modell sein, kamen als Standard-Zooms bislang nur das teure AF-S NIKKOR 24-70 mm 1:2,8G ED, das große und nur wenig günstigere AF-S NIKKOR 24-120 mm 1:4G ED VR oder das recht betagte AF NIKKOR 24-85 mm 1:2,8-4D in Frage. Das aktuellere AF-S NIKKOR 24-85 mm 1:3,5-4,5G wird bereits seit 2006 nicht mehr produziert und ist nur noch gebraucht erhältlich. Doch vor kurzem stellte Nikon das neue AF-S NIKKOR 24–85 mm 1:3,5-4,5G ED VR vor, welches eine relativ günstige Alternative darstellt. Wie gut macht sich dieses Objektiv? Und vor allem: wie schlägt es sich im Vergleich zu zum professionellen 24-70/2,8?
Verarbeitung, Ausstattung und Lieferumfang
Beim Auspacken fiel mein Blick zuerst auf den Herstellungsort, dieses Objektiv ist also „Made in China“. Abgesehen von den absoluten Premiumkameras und -objektiven gilt das leider mittlerweile für einen Großteil der Nikon-Produktpalette. Die Verarbeitung macht dennoch einen sehr ordentlichen Eindruck. Der Ring um die Frontlinse besteht etwa aus festem Kunststoff, weshalb er nicht so empfindlich ist, wie beim AF-S NIKKOR 50 mm 1:1,4G oder dem AF-S DX NIKKOR 18-70 mm 1:3,5-4,5G (jeder Besitzer eines dieser Objektive weiß, was ich meine). Auch die restliche Verarbeitung wird einem Mittelklasseobjektiv absolut gerecht. Es bietet insgesamt eine gute Haptik und einen angenehm schwergängigen Zoomring (zumindest im neuen Zustand). Manuelles Fokussieren hingegen ist wie bei den meisten AF-S-Objektiven eine feinmotorische Herausforderung, da der Verstellweg des Fokusrings bereits nach etwa einer viertel Drehung endet. Für Feinjustierungen darf man den Ring kaum bewegen. Allerdings wird man in diese Verlegenheit nur selten kommen, da der Autofokus einwandfrei funktioniert.
Wie der Name bereits verrät, ist ein Bildstabilisator (VR) im Objektiv verbaut. Dieser kämpft zum einen erfolgreich gegen zittrige Hände, zum anderen ermöglicht er um bis zu drei Blendenstufen längere Belichtungszeiten. Ein Leichtgewicht ist das 24-85 zwar nicht, mit 465 g beschwert es den Besitzer einer Vollformatkamera jedoch auch nicht über Gebühr. Seine Abmessungen sind zudem recht kompakt: 7,8 cm Durchmesser und 8,2 cm Länge passen in jede Fototasche. Das Objektivbajonett ist aus Metall gefertigt und ist so für häufige Wechsel gut gewappnet. Die Gegenlichtblende hingegen macht einen eher durchwachsenen Eidnruck, ihr Plastik ist relativ dünn. Dank des Ultraschallautofokus (AF-S) stellt das 24-85 angenehm schnell scharf und ist dabei vor allem sehr leise. Lautes Fokusmotorsurren wie bei alten Objektiven ist nicht zu befürchten. Filter mit einem Durchmesser von 72 mm können an das Objektiv geschraubt werden. Wenn man einen Adapterring auf 77 mm verwendet, lassen sich praktischerweise die Filter der Profiobjektive einsetzen. Eine kleine kosmetische Änderung stellt der Punkt dar, welcher beim Ansetzen des Objektivs als Markierung dient. Bislang handelte es sich bei Nikon-Objektiven um eine mit weißer Farbe lackierte Vertiefung, nun ist es eine kleine weiße Halbkugel aus Kunststoff. Wahrscheinlich soll sie einen blinden Objektivwechsel begünstigen.
Zum Lieferumfang gehören neben der Sonnenblende HB-63 die obligatorischen zwei Objektivdeckel sowie ein angenehm weicher Beutel für die Aufbewahrung.
Fotografieren
Technische Daten sind das eine, die Praxiserfahrung natürlich das andere. Deshalb war das AF-S NIKKOR 24-85 mm 1:3,5-4,5 VR einige Zeit immer auf der Kamera und stets dabei. Es macht Freude, endlich auch mit einem vergleichsweise kleinen und leichten Objektiv den Bereich eines Standardzooms an einer FX-Kamera verfügbar zu haben. Das Zoomen geht gut von der Hand und man braucht nicht lange, bis man sich an das 24-85 gewöhnt hat. Sein Weitwinkel reicht für eine Vielzahl von Innen- und Landschaftsaufnahmen, nur selten wünscht man sich einen größeren Bildwinkel. Die 85 mm im Telebereich gelten als ideale Portraitbrennweite und so lassen sich trotz Blende f/4,5 Objekte oder Personen ganz gut freistellen. Sollte man das 24-85 an einer DX-Kamera (mit APS-C-Sensor) verwenden wollen, entspricht seine Brennweite 36 – 127,5 mm an Kleinbild. Beim Zoomen fährt das Objektiv aus und man spürt einen leichten Luftzug. Es wird also Luft in das Objektiv und wieder heraus gepumpt, was in staubiger Umgebung die Gefahr birgt, dass Staub ins Innere gelangt.
Die Lichtstärke kann mit einer variablen Blende f/3,5 – f/4,5 natürlich nicht mit der bei Profizooms üblichen Blende f/2,8 mithalten. Gerade im Weitwinkelbereich ist der Unterschied jedoch nicht eklatant und beträgt lediglich 2/3 Blenden. Zudem verfügt das 24-85 über einen gut funktionierenden Bildstabilisator, auf den man etwa beim 24-70/2,8 verzichten muss. Dieser lässt kreative Gestaltungsmöglichkeiten durch relativ lange Verschlusszeiten zu, auch ohne Stativ. In der Dämmerung verwischen die Lichter von Fahrzeugen und am Tag kann beispielsweise die Fließbewegung von Wasser abgebildet werden. Bei schlechten Lichtverhältnissen hilft der Bildstabilisator natürlich nur, wenn keine schnellen Bewegungen eingefroren werden sollen. Denn dafür sind zwangsweise kurze Verschlusszeiten nötig.
Im Gegensatz zum Autofokus alter Objektive namens AF-D, bietet der aktuelle AF-S die Möglichkeit, jederzeit manuell nachzufokussieren. Dafür kann ganz einfach, ohne auf manuellen Fokus umstellen zu müssen, nach dem Antippen des Auslösers am Fokusring gedreht werden.
Bildqualität
Das bei Profis sehr beliebte und relativ teure AF-S NIKKOR 24-70 mm 1:2,8G verfügt über eine sehr gute Abbildungsleistung. Deshalb habe ich das 24-85 VR mit diesem Objektiv verglichen. Dazu wurden mit einer Nikon D800E Vergleichsaufnahmen bei 24, 50 und 70 mm Brennweite gemacht. Zusätzlich entstand eine einzelne Bildreihe bei 85 mm Brennweite. Sämtliche Fotos wurden als RAW im NEF-Format fotografiert, in Nikon Capture NX2 verarbeitet und mit Photoshop zu den entsprechenden Tableaus zusammengefügt. Zu diesem Zweck wurde jeweils eine Ausschnitt aus der Mitte des Bilder sowie aus der linken oberen Ecke genommen. Da die Objektive selbst bei gleicher Brennweite nie einen identischen Ausschnitt abbilden, sind die Vergleichsbilder nicht deckungsgleich und leicht versetzt. Das folgende Foto zeigt das gesamte Testmotiv bei 24 mm Brennweite. Es fällt eine sichtbare Vignettierung auf, die jedoch im Alltag meist nicht stört.
Bei allen Brennweiten macht das 24-85 VR in der Bildmitte bereits bei Offenblende eine ziemlich gute Figur. Durch Abblenden wird das Bild noch etwas schärfer und braucht sich nicht hinter dem 24-70 verstecken. Weiter als bis Blende f/8 sollte man (wie bei den meisten Vollformatobjektiven) nicht abblenden, da sonst die Schärfe wieder abnimmt. Auch am Bildrand zeigt sich ein durchaus überzeugendes Ergebnis. Selten ist das 24-70/2,8 schärfer, meistens hat das 24-85 VR die Nase. Lediglich durch die Vignettierung werden die Bildränder deutlich dunkler abgebildet. Angesichts eines Preisunterschieds von 1000 € ist das dennoch ein beachtliches Ergebnis. Besonders wenn man bedenkt, dass die Nikon D800E im Moment das Non plus ultra im Nikonsystem darstellt und alle Schwächen eines Objektivs gnadenlos aufdeckt.
Verzeichnung
Im Weitwinkelbereich fällt eine deutliche tonnenförmige Verzeichnung auf, die ab dem mittleren Brennweitenbereich in eine starke kissenförmige Verzeichnung übergeht. Dadurch werden Linien in Fotos leider meist nur verkrümmt dargestellt. Während diese Beeinträchtigung bei Naturmotiven nur selten auffällt, wirkt sie sich bei Architekturaufnahmen unangenehm aus. In diesem Fall bleibt lediglich eine nachträgliche Entzerrung in einem Bildbearbeitungsprogramm. Bei Nikon Capture NX2 etwa funktioniert die „Auto-Verzeichnungskorrektur“ sehr gut und gibt praktisch verzerrungsfreie Bilder aus. Diese Korrektur hat im Gegenzug einen Schärfeverlust zur Folge, der bei (nahezu) verzeichnungsfreien Objektiven wie dem 24-70 1:2,8G nicht in Kauf genommen werden muss.
Fazit
Selten habe ich mich auf ein Objektiv so gefreut, wie auf das AF-S NIKKOR 24–85 mm 1:3,5-4,5G ED VR. Nicht, weil ich kein Objektiv mit ähnlichem Brennweitenbereich besitze. Sondern weil es für einen relativ günstigen Preis ein vergleichsweise kompaktes Standardzoom darstellt, welches zudem mit einem Bildstabilisator ausgestattet ist.
Wenn man von der recht deutlichen Verzeichnung absieht und auf die hohe Lichtstärke des AF-S NIKKOR 24-70 mm 1:2,8G ED verzichten kann, bekommt man mit dem 24-85 VR ein sehr attraktives Vollformatobjektiv mit toller Abbildungsleistung. Meine Erwartungen wurden nicht enttäuscht, jedem Fotografen mit einer Nikon D600, D700 oder D800 kann ich es empfehlen.
Das Objektiv wurde uns für diesen Test freundlicherweise von Nikon zur Verfügung gestellt.
Hallo,
vielen Dank für den ausführlichen Bericht. Meine D90 braucht ein neues Objektiv, da das Reisezoom 18-200 VR nun zum dritten mal in die Reparatur gehen müsste. :o(
Eine kurze Frage: es tut dem Objektiv nicht besonders weh, wenn man es an einer D90 verwendet? Und die Kamera kommt auch mit dem Objektiv zurecht? (um den Cropfaktor weiß ich und kann damit recht leben).
Grüße
Sigrid
Hallo Sigrid,
die Kamera kommt mit dem Objektiv auf jeden Fall zurecht. Wie man an den hochauflösenden Aufnahmen der Nikon D800E sehen kann, reicht die Schärfe des Objektivs auch für den Sensor der Nikon D90 aus (dessen Pixeldichte ist nämlich ähnlich hoch).
Und falls Sie in Zukunft mit der Anschaffung einer Vollformatkamera liebäugeln sollten, haben Sie bereits ein passendes Standardzoom dafür!
Hallo Andreas,
danke für die schnelle Antwort. Habe das Objektiv bestellt und heute ist es auch schon eingetroffen. Jetzt muß ich es nur noch nutzen. :o)
Einen schönen Sonntag.
Grüße
Sigrid
Hallo
Kann ich das 24-85 3,5-4,5 VR an einer D300s verwenden?
Natürlich! Das 24-85 kann problemlos auch an einer Nikon D300s oder jeder anderen Nikon-Kamera mit DX-Sensor verwendet werden. Der Brennweitenbereich entspricht dann jedoch etwa 36-127,5 mm (verglichen mit Kleinbild).
Vielen Dank für die Beantwortung der Frage
Lg hp
Besten Dank für die professionelle Analyse und den Test-Vergleich.
Grosses Kino.
Liebe Grüsse
Andy
Danke für das Lob – so etwas motiviert ungemein!
Der Test von Photozone lieferte als Ergebnis nur 2.5 von 5 Sternen – Fazit, für knapp 500 EUR als Einsteiger FX Zoom hätte man von Nikon etwas mehr erwarten können…
Ich bin froh, nicht auf den FX Zug aufgesprungen zu sein,
zumal die Zukunft ohne den Spiegel klar ist – siehe Sony’s
A7 Serie….eine D600/610 oder D700 mit passendem 35mm/1.8 FX wäre mir viel zu sperrig, groß & schwer…just
my 2 Cents…dann lieber eine A7 mit Zeiss 35/2.8 oder 28/2.8, als Vorteil hätte man gleich auch noch mit den MF Contax Objektiv(en) eine manuelle Blendensteuerung via Objektiv, nicht am Body.
Grüße
Marc
Hier noch der Test:
http://www.photozone.de/nikon_ff/768-nikkorafs2485vrff?start=2
Zwar schon eine „Weile“ her – aber trotzdem ist das Review sehr hilfreich.
Ich habe heute wieder mit kalten Flossen festgestellt, dass kleine Gehäuse (Fuji X-T3) zuhause, im warmen etwas anderes sind, als draußen.
Die D750 lässt sich „immer“ gut bedienen und das kompakte 24-85 lässt das Ganze trotzdem schön kompakt bleiben. Auch wenn es kein perfektes Objektiv ist – kein Mensch fragt bei gelungenem Foto nach der absoluten Objektivgüte…
Danke!
Wolfgang